Weltweiter Park(ing)Day: Straßenaktivisten machen auf lebenswertere Städte und die Park-Gefahren aufmerksam

Parkende Autos sind ebenso gefährlich wie fahrende: Knapp 50% aller Radunfälle auf der Fahrbahn gehen auf das Konto sich öffnender Autotüren. Darauf machen wir im Rahmen des Park(ing) Day am Freitag mit zwei Kunstaktionen aufmerksam. Der Parking Day, weltweit zum neunten Mal, thematisiert den Flächenverbrauch von Autos und gestaltet aus Parkplätzen lebenswertere Flächen.

Der PARK(ing) DAY am Freitag, den 19.09.2014 ist ein eintägiges globales Happening in mehr als 160 Städten. Deutschlandweit finden dazu Aktionen in Berlin, Leipzig, München und anderen Städten statt. Viele Initiativen und Straßenaktivisten zeigen mit Kunst- und Protestaktionen, dass urbane Räume mehr als Blechlawinen sind und auch parkende Autos Probleme und Gefahren für andere darstellen.

„Parkende Autos sind gleich gefährlich wie fahrende“, so Paula Hildebrandt, eine der Straßenaktivistinnen. 46% aller erfassten Radfahrunfälle auf der Straße entstehen, weil Autofahrer ihre Türen gedankenlos öffnen, so die einzigen offiziell verfügbaren Zahlen von 1994 von der Bundesanstalt für Straßenwesen. Bundesweit passiert in Berlin jeder zehnte Radunfall mit Verletzten. 70% aller Radfahrunfälle werden polizeilich nicht einmal erfasst.

„Das es keine aktuellen Statistiken gibt, zeigt, dass die Verkehrspolitik den Flächenkonflikt zwischen Pkws und Radfahrern auf dem Rücken der Radfahrer aussitzt“, so Heinrich Strößenreuther, Initiative clevere Städte. „Gerichtsurteilen fordern 1,50 m Sicherheitsabstand zu parkenden Autos: An Tausenden von Straßen müssten dann Parkstreifen zu Radstreifen umgewandelt werden – da haben alle Schiss vor der Autolobby!“

„Autos entziehen unseren Städten und unseren Kindern die Flächen, die quirliges, lebendiges urbanes Leben ausmachen“, so Paula Hildebrandt. 19% der Verkehrsflächen Berlins sind für parkende Autos reserviert. 23,5 Stunden steht ein Berliner Auto ungenutzt im öffentlichen Raum. 32% alle Wege werden mit dem Pkw zurückgelegt, 15% mit dem Rad.

Rund um die Linienstraße / Tucholskystraße in Berlin Mitte werden Parkplätze deshalb für ein paar Stunden in Parks, Bühnen und städtische Möglichkeitsräume umgestaltet. Damit feiert der PARK(ing) DAY das versteckte Potential des urbanen (Park-)Raums. Wir werden in Schlips und Anzug mit zwei Kunstaktionen auf die Gefahren parkender Autos aufmerksam machen und mit Kreide die potentiellen Unfallbilder eines virtuellen Sturzes auf die Straße malen. Am 19.9. ab 10 Uhr wird es Aktionen an der Linienstraße/ Tucholskystraße geben, ab 13 Uhr an der Oranienstraße, Berlins inoffizieller Radfahrerhölle.„Konstruktiv wollen wir Auto- und Radfahrer und Passanten informieren – mit Verhaltenshinweisen“, so Strößenreuther.

Weitere Hinweise, Links und Recherche zum Thema

  • Fotos der Aktionen werden ab 10 Uhr zum Download unter folgendem Link verfügbar sein: http://clevere-staedte.de/weltweiter-parking-day
    In Berlin wirken folgende Initiativen beim Parking Day mit: ADFC Berlin, Agentur für clevere Städte, Alle Macht den Rädern, autofrei leben!, CARambolagen, Cargo Bike Fans Berlin, DienstRad, 3RadRent Berlin, futurzwei, Grüne Liga - Netzwerk ökologischer Bewegung, Initiative Gethsemaneplatz, VCD Verkehrsclub Deutschland und viele engagierte Einzelpersonen.
  • Die weiteren Städte und Aktionen zum Parking Day in Berlin, Deutschland und weltweit: www.parking-day-berlin.de und www.autofrei.de und www.parkingday.org
  • Die Flächenangaben entstammen dem Flächen-Gerechtigkeits-Report
  • Zahlenangaben zu Kollisionsunfällen und Dunkelziffer und hier
  • Verhaltenshinweise an Radler: (I) Geht davon aus, dass im parkenden Auto ein gedankenloser Mensch sitzt – das ist sicherer, als überrascht zu werden. (II) Haltet 1,50 Meter Seitenabstand zu parkenden Fahrzeugen – sich öffnende Türen sind breiter, als man denkt. (III) Sind keine parkenden Fahrzeuge mehr neben Euch, fahrt bitte wieder rechts ran.
  • Verhaltenshinweise an Autofahrer: (I) Schaut immer nach hinten und in den Seitenspiegel, bevor Ihr Türen öffnet. (II) Öffnet Türen mit der rechten Hand und zunächst nur 10 cm: Radler kriegen das mit, können ausweichen oder warnen. (III) Öffnet nach wenigen Sekunden dann langsam die Tür, dabei den Kopf rausstreckend, um auch den toten Winkel zu erblicken.
  • Lernhinweise an alle: Googelt „Dooring“ & Bilder, dann wisst Ihr, um was es geht.
  • Gerichtsurteil I: Radfahrer müssen einen ausreichenden Sicherheitsabstand vom rechten Fahrbahnrand und insbesondere von parkenden Kraftfahrzeugen einhalten. Der Abstand muss so bemessen sein, dass den Radfahrer eine sich öffnende Autotür nicht in eine Gefahrensituation bringen kann. (LG Berlin, Az. 24 O 466/95).
  • Gerichtsurteil II: Ein Radfahrer, der an einem haltenden Kfz vorbeifährt, hat grundsätzlich einen ausreichen- den Sicherheitsabstand einzuhalten, weil er - sofern das Kfz nicht erkennbar unbesetzt ist - stets damit rechnen muss, dass die Fahrertür zur Fahrbahn hin geöffnet wird. (OLG Karls- ruhe, Az. 10 U 283/77)
  • Anmerkung III: Der Öffnungsbereich von Autotüren erstreckt sich von etwa 80 cm bei schmalen Türen von viertürigen Kleinwagen bis etwa 1,5 m bei zweitürigen Coupés oder bei LKW.
  • Weitere Gerichtsurteile zu Tür-Kollisionen
  • Die Pressemitteilung als PDF gibt es hier.

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