Kaffee statt Knöllchen: Von bestochenen Politessen und einem kilometerlangen kostenlosen Parkplatz

Da klingelt das Telefon und das ZDF ist am Apparat – ob wir für einen TV-Beitrag zur Verfügung stehen könnten. Klar, sonst hätten wir diese politische Initiative ja nicht angestoßen. Also schnell in den Terminkalender geschaut, Freitag Nachmittag an der Ecke Schlüterstraße / Kuhdamm in Berlin verabredet.

Denn das ist eine sichere Bank, so dachte ich. Bisher bei jedem Dreh sah man den Radweg vor lauter Falschparkern nicht. Jedesmal fuhr gemächlich ein Polizei-Auto vorbei, ohne sich um die egoistischen großen schwarzen Autos zu kümmern, Politessen waren fast nie zu sehen. Die Schlüterstraße ist so eine Edel-Boutique- und Restaurant-Straße, so dass man vielleicht sogar auf den Gedanken kommen kann, dass hier bestochen wird. Frei nach dem Motto „Kaffee statt Knöllchen“, denn so viel am Stück kann man ja gar nicht wegschauen.

Ich also am Freitag einmal quer durch Berlin geradelt, an mehr als 20 Falschparkern vorbei gekommen und dann in die Schlüterstraße eingebogen. Und was sehe ich: Nicht ein einziger Falschparker. Dafür ein Polizei-Auto gleich zum Beginn. War wohl ein Unfall, so sagte mir der Beamte. Gab mir aber mal die Gelegenheit, ein Bild von dieser Straße zu machen, so wie sie mal gedacht war: mit zwei Radstreifen, auf denen man von A nach B radeln kann, ohne an Falschparkern vorbei zirkeln zu müssen, wo Omi und Kindchen auch sicher mit dem Rad unterwegs sein können, in einer Stadt für alle.

Gespannt war ich, wie schnell alles wieder voll steht. Da scheint das soziale Phänomen des schlechten Vorbildes zu greifen: Solange keiner den Anfang macht, tuts auch keiner hinterher. Nur sehr, sehr langsam bevölkerte sich der Radweg wieder. Und dann erblicke ich auch den Grund: Das Ordnungsamt muss wohl auf unserer Wegealarm-Karte festgestellt haben, dass die Schlüterstraße mittlerweile die berühmteste Straße Berlins ist. Und schickt nun regelmäßiger Politessen.

Wie schön! Dann scheint die Idee des politischen Postens, des Aufmerksam-Machens auf Probleme wohl doch zu wirken. Was lernen wir daraus: Steter Tropfen höhlt den Stein. Die App wirkt, es lohnt sich, hinzuschauen, denn Abwarten ist keine Strategie, wenn das tägliche Falschparken durchschnittlich 33 ct kostet.

zurück zur vorherigen Seite